4. Aug, 2017

Der Sonntagsbrunch

Ich gehe ab und zu mit meiner Freundin brunchen. Diesmal habe ich einen Gutschein im Internet ergattert. Sektbrunch, statt 40,- nur 20,- Euro. Und das für zwei Personen. 

Pflichtbewusst vereinbarte ich telefonisch einen Termin und erschien pünktlich um 12 Uhr zum selbigen. 

Man wies uns einen, zugegenermaßen großen, Tisch zu. Leider waren noch schmutzige Teller, Besteck, Gläser und Tassen von vier Personen darauf.

Macht nichts.

Wir warteten bis der Tisch sauber war, bestellten Kaffee und Soda-Zitrone, und das im Angebot angepriesene Glas Sekt. Danach machten uns voller Vorfreude Richtung Buffet auf.

Den Brunch beginne ich am liebsten mit Wurst, Schinken, Käse, dergleichen. Also mit was Kaltem. Doch das gab´s nicht. Macht nichts. Ich nahm mir einen Teller mit Rührei und gebratenen Schinken.

Der Kaffee und das Soda-Zitrone wurde serviert. Der Sekt nicht. Macht nichts. Ich bestellte ihn nochmals.

Danach wollte ich einen Hauptgang wählen. Es hätte Schnitzel, faschierte Laibchen, Putengeschnetzeltes, Nudeln, Kartoffel gegeben. HÄTTE, denn leider waren alle Behältnisse, bis auf ein bisschen Restsauce, leer. Kaum kam der Koch mit frisch Gekochtem aus der Küche, sprangen sämtliche Gäste hungrig von ihren Sesseln, und gingen raschen Schrittes (laufen getraute sich dann doch keiner) zum Buffet und rafften das Wenige an sich. Ich eroberte ein Häufchen Putengeschnetzeltes und ein paar Scheiben Tomaten. 

Die Qualität der Speisen war nicht die Schlechteste. Heiss, statt lauwarm wäre halt wünschenswert gewesen. Aber macht nichts.

Als dreißig Minuten später unsere leeren Teller abgeräumt wurden, erinnerte ich die Kellnerin wieder an den Sekt.

Ein Highlight des Brunchs ist für mich immer die Nachspeise. Warum? Weil ich mir nur beim Brunch Süßes gönne. Ich dachte so an einen Topfenstrudel mit Vanillesauce oder irgendeinen kleinen Obstkuchen. Vielleicht auch ein Schälchen mit handgeschlagenem Joghurt mit frischen Früchten?

Ich sah zum Buffet und wartete bis sich die Traube von Gästen entfernte; der Koch hatte kurz zuvor wieder einen Happen aus der Küche gebracht. Ich erhob mich, schlenderte zum Buffet, suchte schon von weitem nach dem Platz, wo die Nachspeisen stehen könnten.

Suppe, leere Behältnisse, wo Warmes drin sein sollte, ein paar Schalen mit Ketchup, Senf, eine Schüssel grünen Salat. Wo war mein Dessert? Am Ende des Buffets entdeckte ich eine leere Schale (wie könnte es auch anders sein). Davor stand ein Schild mit „Kiwimousse“ drauf. Irgendwie eine peinliche Situation. Ich stand mit einem Teller in der Hand vorm Buffet und musste wieder halbwegs lässig den Rückzug antreten, weil es nichts zu futtern hab.

Schon langsam machte es mir was aus.

Ich ging zurück zum Tisch und wartete, dass der Koch erscheine. Immerhin: die Kellnerin brachte nach 90 Minuten das Glas Sekt. Den trank ich.

Weitere zwanzig Minuten später ließ sich der Koch wieder einmal blicken. Die Meute erhob sich. Die Gäste hatten offenbar alle Würde abgelegt, warteten nicht mehr, bis er wieder Richtung  Küche verschwand. Kaum war die Nachspeise abgestellt, wurde schon mit Löffeln heraus geschaufelt, als gäbe es keinen Morgen mehr.

Meine Freundin erbeutete ein wenig davon. Der Abwechslung sei Dank! Diesmal gab es Erdbeermousse, statt Kiwimousse. Der Lokalbetreiber hat wohl vorwiegend mit Pensionisten, die nicht mehr richtig beißen konnten, gerechnet.

Ich verzichtete.

Beim Zahlen fragte mich die Kellnerin, ob denn alles zu meiner Zufriedenheit gewesen wäre. Ich öffnete schon den Mund, bereit einen 20minütigen Monolog anzusetzen, entschied mich dann aber anders und nickte. Wenn auch etwas verkrampft.